Haus B
© Antje Quiram

Hauptpreis 2011 Monolithisch

HAUS B.

CHRISTINE REMENSPERGER, STUTTGART

Ort

Stuttgart Rotenberg

Fertigstellung

05/2009

Bauherr

Familie B.

Architekt

Christine Remensperger

Tragwerksplanung

Helber + Ruff Beratende Ingenieure

Ausführung Mauerwerk

Neugebauer GmbH, Weilheim-Teck

Konstruktion

Monolithische Bauweise

Ziegelart

Ziegel ohne Dämmstofffüllung

Wanddicke

36,5 cm

Wohneinheiten

2

Energetischer Standard

KfW-60 Standard

SUBTILE ELEGANZ

Die preiswürdige Umsetzung von schlichter Helligkeit im Innern und Äußeren prägen das Haus B. auf besondere Weise.


Dieses unprätentiöse Wohnhaus auf einer Anhöhe mit weitem Blick über Weinberge am Rande Stuttgarts wurde sehr bewusst auf engstem Raum in das geschützte Ensemble eines gewachsenen Dorfes eingefügt. Stille Zurückhaltung steht hier überzeugend für einen modernen Umgang im Kontext historischer Bausubstanz, einer ganzheitlichen Lösung im eng gesteckten Rahmen der Bedingungen und einer simplen, ökologischen Perspektive. So wurde hier eine alltägliche Aufgabe auf allen Ebenen von Konzeption, Materialisierung und Detaillierung zum zeitlosen Beispiel. Hohe gestalterische Qualität, auf sparsamstem Parzellen-Fußabdruck, in großzügig gefügter innerer Raumfolge, mit sorgfältig durchdachten, massiven Konstruktionen, natürlichen Materialien und feinen Details, bis hin zu seiner selbstverständlichen Art zu dokumentieren, dass Energieeffizienz und Ziegelbauweise sich heute auch unter schwierigen Bedingungen logisch ergänzen können.

Die einfache Elementarform eines Satteldachhauses braucht hier offenbar wenig mehr zu sein als ein kompakter, heller, monochrom verputzter, massiver Ziegelkörper, mit außen bündigen Fenstern und perforierten, glatten Fensterläden, einer einfachen Deckung aus Biberschwanz-Ziegeln, mit knapper Traufausbildung und klassischem Ortgang. Solch subtile Arbeit kann sich einfügen und dabei auch ein stilles Zeichen in der Nachbarschaft setzen, wenn es vornehmlich darum geht, im Inneren, trotz äußerst begrenzten Volumens, einem Mehrgenerationenhaus mit abtrennbarer Wohnung würdevoll großzügigen und heiteren, lichten Raum zu geben.

Die Klarheit und einfache Konzeption dieses kompakten Wohnhauses führt ganz konsequent zu minimierten Hüllflächen aus Grundflächen sparenden, 36,5 cm dicken, monolithischen Ziegelwänden, verputzt mit mineralischem Rotkalkputz und mineralischen Farben. Raumatmosphäre und Raumklima, kombiniert mit Flächenheizungen, beweisen, dass ein Haus mit Fensterlüftung und konventioneller Gas-Brennwerttechnik die gängige Energieeinsparverordnung problemlos einhalten und ihre Anforderungen sogar deutlich unterschreiten kann. Die massive Ziegelhülle als solche kann auch die heute erhöhten Anforderungen erfüllen, die für Förderungen der Kreditanstalt für Wiederaufbau vorgegeben sind.

Die Umsetzung solch einfacher, ökologischer Grundprinzipien durch den konsequenten Einsatz regionaler Bauweisen und Materialien knüpft auf eine sympathisch undogmatische Weise an Tradition als Fortführung im besten Sinne an, bei der einst nur das Beste genommen und kontinuierlich weiterentwickelt wurde, wie hier der verputzte moderne Ziegelbau. Die offenporige, technologisch hoch entwickelte und hochwärmedämmende Ziegelbauweise mit mineralischen Putzen und Farben vervollkommnen den zeitlosen gestalterischen Ansatz auf das Schönste.

Die Jury würdigt neben der herausragenden  Gestaltqualität die bemerkenswerte Angemessenheit der Mittel, die Nutzung gegebener Bedingungen und Potentiale zu dieser gesamtheitlichen Durchdringung und Umsetzung dieser Bauaufgabe mit höchster Sensibilität. Ein solches Haus lenkt den Blick wieder auf Wesentlichkeiten und ist Zeugnis für ein Mehr durch Weniges, das einfach gut gemacht ist. Solche in Vergessenheit geratenen Selbstverständlichkeiten überzeugen bei diesem stillen Haus in einer selten gewordenen inneren Größe. Sie ist zugleich wesentlich, räumlich und fortschrittlich, und steht so als ein Beispiel für ein Bauen und Wohnen für breite Gesellschaftsschichten mit der noblen Wertvorstellung von bester, erneuerter Konvention mit modernen Maßstäben.


Kommentar zur EnEV-Kompatibilität

Zur Einschätzung der Energieeffizienz des Hauptpreises wurden die Daten des beigefügten Energieausweises und alle auf den Paneelen mitgelieferten Fakten – wie bei allen Anwärtern dieser Preisgruppe – eingehend untersucht. Die Leistungsfähigkeit der Hüllkonstruktion ist leicht ablesbar, da es sich um ein gängiges, über Jahrhunderte erprobtes Konzept handelt, das mit modernen Baustoffen umgesetzt wurde.

Der von der Energieeinsparverordnung 2009 empfohlene U-Wert von 0,28 W/m2K für Außenwandkonstruktionen wäre mit der beim Hauptpreis vorliegenden Wärmeleitfähigkeit von λR=0,09 W/mK bereits mit einer Wanddicke von weniger als 30 cm erreicht worden. Insofern sind die zul. Transmissionshüllflächenverluste in Bezug auf die hier 36,5 cm dicken, hochwärmedämmenden Ziegelaußenwände ohne Schwierigkeiten erfüllt. Die anderen Hüllflächenkomponenten – Dachflächen, Fenster, Türen und der thermische Abschluss nach unten – sind bei diesem Haus ebenso ausreichend. Der Primärenergiebedarf ist die zweite relevante Größe für die Berechnung nach EnEV. Hier jedoch schlägt der Einfluss der Anlagentechnik wesentlich deutlicher zu Buche als die Optimierung der geforderten U-Werte für die Hüllflächenanteile es zu leisten vermag. 

Auch die drastische Reduzierung der Transmissionsverluste aller Hüllflächen z.B. bis auf Passivhausniveau würde eine unzureichende Heizungsanlage nicht ausgleichen können. Ein maximaler U-Wert von 0,15 W/m2K, der hierzu notwendig wäre, kann mit porosierten Ziegelkonstruktionen der Wärmeleitfähigkeit λR=0,07 W/mK bei einer Wanddicke von weniger als 49 cm ohne zusätzliche Dämmung leicht erreicht werden. 

Die Anlagentechnik schlägt sich in Form der Anlagenaufwandszahl ep sehr deutlich bei der Ermittlung des zulässigen Primärenergiebedarfswertes nieder. Hier ist der Einsatz erneuerbarer Energien wie Biomasse, Geothermie oder Solarthermie sehr günstig und erzielt deutlich reduzierte Bedarfswerte. Das preisgekrönte Projekt musste aus denkmalpflegerischen Gründen ohne Solarpaneele auf den Dachflächen auskommen und durfte aus geologischen Gründen keine Bohrungen für Wärmepumpen durchführen. Ein Biomassespeicher war aus Platzgründen nicht zu integrieren. In diesem Fall hat der Nachweis der Wärmebrückenfreiheit und der Luftdichtheit deutlichen Einfluss auf den Primärenergiebedarf. Wäre zusätzlich statt des Einsatzes von Brennwerttechnik eine günstiger zu bewertende Anlagentechnik machbar, könnte dieses Wohnhaus zum KfW-Effizienzhaus-40 gemacht werden. 

Dieser Hauptpreis zeigt, wie mit massiven, einschaligen Ziegelaußenwandkonstruktionen auf sehr wirtschaftliche Weise wartungsarme, energieeffiziente Häuser erstellt werden können, die herausragend sind.

PLÄNE